Der Bischof und sein Finanzberater

 Es war einmal ein Bischof. Der hatte ein schönes und großes Bistum; mit allem, was dazu gehört: viele Kirchen, viele Pfarreien, Kindergärten, Sozialstationen, Krankenhäuser, Schulen, Caritasverbände, Pfarrheime, Wallfahrtsorte und vieles mehr.

Auch an Personal in der Seelsorge mangelte es nicht: Es gab Priester, Gemeindereferentinnen, Pastoralreferenten, Diakone, Katechetinnen. Keine Pfarrei musste auf Seelsorge verzichten, nicht gerechnet die unzähligen Menschen, die sich ehrenamtlich in den Gemeinden engagierten.

Auch die Verwaltung des Bistums konnte sich sehen lassen. Massen von Dezernenten und Referenten (geweihten und ungeweihten), Räten und Kommissionen walteten ihrer Ämter, produzierten wichtige Papiere noch und nöcher, und schickten sie täglich in dicken Postumschlägen an alle Pfarreien.

Wirklich, ein schönes Bistum.

Und trotzdem, der Bischof hat Sorgenfalten auf der Stirn. Etwas stimmt nicht mit seinem schönen Bistum.

Menschen treten aus der Kirche aus; Eltern lassen ihre Kinder gar nicht erst taufen; die Alten sterben weg; und die Jugend hat dem schönen Bistum längst den Rücken gekehrt.

Der Bischof war ein kluger Mann. Er kannte genau die Grundlagen, auf denen sein schönes Bistum aufgebaut war:

Katholik=Kirchensteuerzahler
viele Katholiken=viele Kirchensteuerzahler
viele Kirchensteuerzahler=volle Kassen
wenige Kirchensteuerzahler=leere Kassen

  Kein Wunder, dass Sorgenfalten die Stirn des klugen Bischofs zerfurchten! „Es muss etwas geschehen“, dachte er. Aber was?

Der Bischof war – wie gesagt – ein kluger Mann. „Man müsste es schaffen, dass die Pfarreien lebendiger und einladender würden“, sagte ihm sein Hausverstand. „Dann würden sich die Menschen dort wohl fühlen und nicht mehr dem schönen Bistum den Rücken kehren.“

„Das Personal in der Seelsorge müsste gestärkt und gestützt werden“, sagte ihm sein Hausverstand. „Dann würden die zufriedener und freudiger ihre Arbeit tun – und vielleicht mehr Menschen gewinnen können.“

„Man müsste die frohe Botschaft dort verkünden, wo die Menschen leben“, sagte ihm sein Hausverstand, „in den Kindergärten und Schulen, in den Jugendtreffs und in den Krankenhäusern, auf dem Markt und in den Gassen.“

Man müsste lernen, modernen Menschen unsern guten Glauben als Lebensart schmackhaft zu machen“, sagte ihm sein Hausverstand, „denn nur eine missionarische Kirche ist eine gesunde Kirche.“

Aber, der Bischof war –wie gesagt – ein kluger Mann. Deshalb traute er seinem einfachen Hausverstand nicht.

„So einfach kann die Lösung der komplexen Probleme doch nicht sein,“ sagt sich der kluge Bischof. „Da muss ein Fachmann her, der die Probleme studiert, analysiert und fundierte Lösungsvorschläge erarbeitet. Ein Programm muss her, ja ein richtiges Programm.

So geht der Bischof auf die Suche nach einem Fachmann. Und nach langer Suche entscheidet er sich für einen Finanzberater. Ein echter Fachmann ist er, der Finanzberater, und man kann ihm wirklich zutrauen, die Probleme des schönen Bistums zu lösen. Er kennt Dollar und Euro, die Gesetze des Marktes, Investitionen und Zinsen, Marketing und Public Relations. Rechnen kann er besonders gut, und einen schönen Anzug hat er auch an, der Finanzberater, sogar mit Schlips und Kragen.

Der Fachmann facht lange, lange herum, prüft und durchleuchtet, rechnet und zählt. Und: am Ende findet er die Lösung für die Probleme des schönen Bistums.

Es ist ein 7 – Punkte – Programm (wobei die Parallele zu den 7 Sakramenten rein zufällig ist.) Und das sieht so aus:

Die Kirchen, alte Kästen zumeist, sind in der Unterhaltung zu teuer. Sie werden verkauft.

Die Pfarreien kosten das schöne Bistum viel zu viel Geld. In Zukunft bekommen sie einfach keines mehr.

Das Personal in den Pfarreien, als Kostenfaktor der dickste Batzen, wird abgeschafft. Die Leute können schließlich auch alleine Bibel lesen.

Wenn man kein Personal mehr braucht in der Seelsorge, sind auch die teuren Ausbildungsstätten überflüssig, theologische Fakultäten, Fachhochschulen, Akademien, Seminare. Und Werbung für pastorale Berufe kann man sich auch schenken.

Engagement in Krankenhäusern und Altenheimen ist unsinnig. Die Leute sterben sowieso und zahlen dann keine Kirchensteuer mehr.

Schulen soll der Staat unterhalten, Kindergärten auch.

Mit dem Geld, das eingespart wird, kann man endlich die Verwaltung des schönen Bistums ausbauen; besonders die Finanzabteilung muss gestärkt werden.

Wie freut sich da der kluge Bischof über das schöne Programm seines Finanzberaters. Mit Orden und Ehren überhäuft er ihn (mit Geld natürlich auch).

Und wir freuen uns, zu sehen, wie die Stirn des klugen Bischofs sich langsam wieder glättet, wie die Sorgenfalten verschwinden, und auch, weil das schöne Bistum nun gerettet ist.

Ø Ø Ø Ø Ø

Und tief drunten in der Hölle räkelt sich der Teufel auf seinem goldenen Bett. Nach getaner Arbeit genießt er edlen Champagner und schöner Damen Gunst. Und – nebenbei – erzählt er seiner Großmutter stolz, wie einfach es war, den klugen Bischof reinzulegen als sein Finanzberater.

 

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