Der arme Junge

 Er war ein gesundes Kind, ein munterer Bursche. Und er war fromm.

Gottesdienstbesuch machte ihm Spaß, schon von Kindsbeinen an. Erstkommunion, Messdiener, katholische Jugend, Gruppenleiter, Jugendschola, in was man alles so rein wächst als engagierter junger Katholik.

Und dann kam diese rätselhafte Krankheit. Husten, Bronchitis, Probleme mit der Luft. Nichts half.

Facharztbesuche. Der Pneumologe fällt aus allen Wolken. Er untersucht noch einmal und kann es immer noch nicht glauben. Der junge Mann hat eine Staublunge, wie ein Bergmann, der 20 Jahre unter Tage gearbeitet hat. Dabei war er nie in einem Bergwerk, nie in einem Steinbruch. Er ist Gymnasiast und macht demnächst sein  Abitur.

Der Pneumologe steht vor einem Rätsel. Nach vielen Befragungen dämmert’s ihm allmählich. Und das, was ihm dämmert, kann er noch weniger glauben: Es ist der Staub der Jahrhunderte. Der junge Mann hat viel zu viel katholische Luft eingeatmet. Und die ist voller Staub.

In den Jahrhunderten voller Bewegungslosigkeit haben sich dicke Staubschichten gebildet. Vieles ist zu Staub zerfallen. Der Staub sitzt überall. Man kann nicht anders, man muss ihn einatmen. Und wenn man zu viel davon abbekommt, wird es gefährlich.

Es gab zwar mal einen Papst, der hat gesagt, man solle die Fenster aufmachen und frische Luft herein lassen. Er hat sogar ein Fenster aufbekommen, auch wenn es klemmte. Aber sein Personal hat es schnell wieder hinter ihm zu gemacht. Und dann wurde modernisiert, das heißt: Fenstersicherungen angebracht, damit die Fenster nicht mehr so einfach auf zu bekommen sind.

Der junge Mann mit der Staublunge fährt zur Kur an die See, damit sich seine Lunge erholen kann. Aber was dann?

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